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Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Übernahme der Kosten für eine Schuldnerberatung.

Die Klägerin hatte in den Jahren 2004 und 2005 erhebliche Schuldverpflichtungen. Infolge dieser Verbindlichkeiten hatte sie monatliche Zahlungsverpflichtungen in Höhe von 874,00 Euro. Mit Hilfe ihres Einkommens als Produktionshelferin war die Klägerin unter Berücksichtigung ihrer monatlichen Lebenshaltungskosten in der Lage, monatlich lediglich einen Betrag in Höhe von 419,52 Euro für die Tilgung ihrer Schulden aufzubringen. Infolgedessen setzte die Klägerin sich mit der Schuldnerberatungsstelle des Caritasverbandes Siegen in Verbindung und ließ sich beraten.

Am 21. April 2005 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen Antrag auf Übernahme der Kosten für die vor der Antragstellung durchgeführte und weiter durchzuführende Schuldnerberatung. Nach der Antragstellung nahm die Klägerin weitere fünf Schuldnerberatungsstunden in Anspruch. Der Caritasverband stellte ihr pro Beratungsstunde 45,00 Euro in Rechnung.

Mit Bescheid vom 11. Mai 2005 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin auf Übernahme der Kosten für eine Schuldnerberatung ab. Ein solcher Anspruch ergebe sich nicht aus § 11 Abs. 5 Satz 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Personen, die wie die Klägerin erwerbsfähig seien, hätten grundsätzlich lediglich einen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Sowohl § SGB_II § 5 Abs. SGB_II § 5 Absatz 2 SGB II als auch § SGB_XII § 21 SGB XII regelten, dass ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II einen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII ausschließe.

Am 9. Juni 2005 legte die Klägerin Widerspruch gegen diesen Bescheid ein. Zur Begründung führte sie aus, ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine Schuldnerberatung ergebe sich sowohl aus dem SGB II als auch - unter Berücksichtigung einer drohenden Sozialhilfebedürftigkeit - aus dem SGB XII mit Blick auf dessen Auffangfunktion. Sie sei zwar derzeit erwerbstätig, der Fortbestand des Beschäftigungsverhältnisses sei jedoch aufgrund der Folge der Überschuldung (Lohnpfändungen beim Arbeitgeber, drohender Verlust des Girokontos aufgrund von Kontopfändungen) gefährdet. Ein etwaiger Verlust der Erwerbstätigkeit habe den Eintritt der Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II zur Folge.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2005 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin als unbegründet zurück. Über die Begründung im Ausgangsbescheid hinaus führte er aus, gemäß § SGB_II § 7 SGB II erhielten erwerbsfähige Personen lediglich Leistungen nach dem SGB II. Infolge der Regelung des § SGB_XII § 21 SGB XII habe die Klägerin als Erwerbsfähige nach einem Verlust ihres Arbeitsplatzes keinen Anspruch auf Leistungen nach dem Dritten Kapitel des SGB XII. Daher stünden ihr auch keine Leistungen nach § SGB_XII § 11 Abs. SGB_XII § 11 Absatz 4 Satz 3 SGB XII zu.

...

Zur Begründung ihrer Klage trägt sie vor, sie sei hoch verschuldet. Ihre Arbeitsstelle sei bedroht, da verstärkt Lohn- und Gehaltspfändungen beim Arbeitgeber eingingen. Zudem ließen ihre Leistungen am Arbeitsplatz nach, weil sie die ständige Konfrontation mit den Folgen der Überschuldung (Mahnbriefe, Gläubigeranrufe, Kreditkündigungen usw.) psychisch belaste. Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Schuldnerberatung aus § SGB_XII § 11 Abs. SGB_XII § 11 Absatz 5 Satz 3 SGB XII sei nicht durch § SGB_XII § 21 SGB XII ausgeschlossen, vielmehr bestehe er im Falle drohender Hilfebedürftigkeit gerade auch aufgrund des präventiven Charakters der Schuldnerberatung.

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Zur Begründung bezieht der Beklagte sich zunächst auf seine im Verwaltungsverfahren gemachten Ausführungen. Darüber hinaus führt er aus, nach Inkrafttreten des SGB II sowie des SGB XII (jeweils zum 1. Januar 2005) hätten Erwerbstätige keinen Anspruch mehr auf die Kostenübernahme für die Beratung durch eine Schuldnerberatungsstelle. Zwar möge es richtig sein, dass nicht nur Personen, die Hilfe zum Lebensunterhalt bezögen, einen Anspruch auf die Übernahme der Kosten für eine Schuldnerberatung hätten. Ziel der Hilfe sei jedoch, die Sozialhilfebedürftigkeit zu überwinden oder ganz zu vermeiden. Im vorliegenden Fall werde dieses Ziel jedoch niemals erreicht. Die Klägerin befinde sich derzeit noch in einem Arbeitsverhältnis. Würde sie nach Ablauf des Bezuges von Arbeitslosengeld bedürftig, erhielte sie Leistungen nach dem SGB II. Der Klägerin könne somit kein Anspruch auf Leistung nach dem SGB XII zustehen. Daher sei sie von der Sozialhilfe nach dem SGB XII nicht einmal bedroht. Das Ziel, eine Leistungsbedürftigkeit nach dem SGB II zu überwinden oder gleich zu vermeiden, könne sich für sie daher allenfalls aus dem SGB II ergeben, beispielsweise aus § SGB_II § 16 Abs. SGB_II § 16 Absatz 2 SGB II.

Entscheidungsgründe:

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Die Klägerin hat einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung ihres Antrages auf Übernahme der Kosten für eine Schuldnerberatung in einem Umfang von fünf Stunden zu je 45,00 Euro.


Ein solcher Anspruch ergibt sich allerdings zunächst nicht aus § SGB_II § 16 Abs. SGB_II § 16 Absatz 2 Satz 1 und 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. SGB_II § 16 Absatz 1 SGB II. Danach können Leistungen, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind, erbracht werden. Hierzu gehört insbesondere auch die Schuldnerberatung. Unabhängig davon, dass für das Erfüllen dieses Anspruchs die Agentur für Arbeit zuständig ist, war die Inanspruchnahme einer Schuldnerberatung für die Eingliederung der Klägerin in das Erwerbsleben nicht erforderlich, da diese zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme der Beratungsleistung erwerbstätig war.


Auch aus § 11 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 1 i.V.m. Satz 2 SGB XII ergibt sich weder ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Schuldnerberatung noch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung des Antrags der Klägerin. Nach dieser Vorschrift sollen angemessene Kosten einer Beratung durch eine Schuldnerberatungsstelle übernommen werden, wenn eine Lebenslage, die Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt erforderlich macht oder erwarten lässt, sonst nicht überwunden werden kann. Die Klägerin steht jedoch nicht in Bezug von Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt im Sinne des SGB XII. Auch steht aktuell nicht zu erwarten, dass die Klägerin Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt im Sinne der §§ SGB_XII § 27ff. SGB XII beziehen wird, da sie erwerbsfähig ist und im Falle des Verlustes ihres Arbeitsplatzes und eintretender Hilfebedürftigkeit einen Anspruch auf Hilfeleistungen nach dem SGB II haben wird (vgl. § SGB_XII § 21 SGB XII und § SGB_II § 5 Abs. SGB_II § 5 Absatz 2 SGB II).


Ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Neubescheidung des Antrags der Klägerin auf Übernahme der Kosten für die Schuldnerberatung ergibt sich jedoch aus § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 i.V.m. Satz 2 SGB XII. Hiernach können Kosten, die infolge der Beratung durch eine Schuldnerberatungsstelle entstanden sind, »in anderen Fällen« übernommen werden. Ein solcher anderer Fall liegt hier vor. Damit sind grundsätzlich sämtliche Fälle gemeint, die nicht von den vorhergehend geprüften Vorschriften (§ SGB_II § 16 Abs. SGB_II § 16 Absatz 2 Satz 2 Nr. 2 i.V.m. Satz 1 SGB II und § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 i.V.m. Satz 2 SGB XII) umfasst sind. Somit erstreckt sich der aus § 11 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 2 i.V.m. Satz 2 SGB XII anspruchsberechtigte Personenkreis auch auf Personen, die - wie die Klägerin - noch erwerbstätig sind und im Falle des Verlusts ihres Arbeitsplatzes grundsätzlich Leistungen nach dem SGB II beziehen würden.


Sozialgericht Dortmund, Urteil vom 14. 6. 2007 - S 41 (30) SO 343/05 Fundstelle : openJur 2011, 49825

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