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In dem Nachprüfungsverfahren

beschließt das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 1. Vergabesenat, durch die Richter ...:
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss der Vergabekammer bei der Finanzbehörde der Freien und Hansestadt ... vom 14.03.2008 (Vgk FB 1/08) wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass die Beschlussformel wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten gemäß § 97 GWB verletzt ist, weil die von der Antragsgegnerin durchgeführte Freihändige Vergabe der Aufträge hinsichtlich der Durchführung der Schuldner- und Insolvenzberatung für den Leistungszeitraum 01.01.2008 bis 30.06.2008 ohne Beteiligung der Antragstellerin erfolgte.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der der Antragstellerin entstandenen notwendigen Auslagen hat die Antragsgegnerin zu tragen.

Gründe:
I.

Die Antragstellerin wendet sich mit dem Nachprüfungsverfahren gegen die von der Antragsgegnerin mit den sieben Beigeladenen am 20.12.2007 geschlossenen Verträge über die Erbringung von Schuldner- und Insolvenzberatung in dem Zeitraum von Januar bis Ende Juni 2008.

Dem vorliegenden Nachprüfungsverfahren war ein Nachprüfungsverfahren voraus gegangen, in dem sich die Antragstellerin gegen die Verlängerung der seit einigen Jahren mit den Beigeladenen bestehenden Verträge gewandt hatte.

Der Senat hat in jenem Verfahren aufgrund einer mündlichen Verhandlung vom 31.10.2007 mit Beschluss vom 07.12.2007 die Entscheidung der Vergabekammer bestätigt, wonach die mit den Beigeladenen bestehenden Verträge nicht über den 31.12.2007 hinaus verlängert werden durften.

Als Folge dieser Entscheidung hat die Antragsgegnerin eine Öffentliche Ausschreibung für die Schuldnerberatung für den Zeitraum vom 01.07.2008 bis 30.06.2013 mit Verlängerungsoption bis 2018 bekannt gemacht und für die Interimszeit von Januar bis Juni 2008 im Wege der Freihändigen Vergabe gemäß § 3 Nr. 4 lit. f. VOL/A mit den Beigeladenen am 20.12.2007 Verträge über Schuldner- und Insolvenzberatungsleistungen abgeschlossen, ohne die Antragstellerin an diesem Verfahren beteiligt zu haben.

Die Vergabekammer hat in dem angefochtenen Beschluss vom 14.03.2008 festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten gemäß § 97 GWB verletzt worden ist, weil die von der Antragsgegnerin durchgeführte Freihändige Vergabe der Aufträge hinsichtlich der Durchführung der Schuldner- und Insolvenzberatung für den Leistungszeitraum 01.01.2008 bis 30.06.2008 ohne Beteiligung der Antragstellerin erfolgt war und die Antragsgegnerin keinen vollständigen Vergabevermerk erstellt hatte. Die Kammer hat weiter festgestellt, dass die mit den Beigeladenen am 20.12.2007 geschlossenen Verträge nichtig seien. Ferner hat sie die Antragsgegnerin verpflichtet, die Aufträge zur Durchführung der Schuldner- und Insolvenzberatung nach Maßgabe der Rechtsauffassung der Vergabekammer für den verbleibenden Zeitraum bis zum 30.06.2008 neu zu vergeben.

In ihrer gegen die Entscheidung der Vergabekammer gerichteten sofortigen Beschwerde beruft sich die Antragsgegnerin darauf, wegen des hohen Zeitdrucks, unter dem eine Interimslösung habe gefunden werden müssen, habe sie eine Freihändige Vergabe gemäß § 3 Nr. 4 lit. f. VOL/A durchführen dürfen. Es sei ermessensfehlerfrei, dass sie die Antragstellerin in dieses Verfahren nicht einbezogen habe, da ihre Eignung in der kurzen Zeit von Anfang Dezember 2007 bis zum Vertragsschluss am 20.12.2007 nicht habe geprüft werden können. Eine Vorabinformation der Antragstellerin sei nicht geboten gewesen, weil sie keine Bieterin gewesen sei.

gekürzt II.

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft, § 116 Abs. 1 S. 1 und S. 2. GWB. Sie ist auch zulässig, da sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden ist, § 117 GWB.

Die sofortige Beschwerde ist in der Sache nicht begründet. Zu Recht hat die Vergabekammer festgestellt, dass die Antragstellerin durch die fehlende Beteiligung an dem von der Antragsgegnerin durchgeführten Freihändigen Vergabeverfahren in ihren Rechten gemäß § 97 GWB verletzt worden ist.

Zugunsten der Antragsgegnerin kann unterstellt werden, dass sie für die Vergabe der Leistungen der Schuldner- und Insolvenzberatung für den Zeitraum vom 01. Januar bis zum 30. Juni 2008 das Verfahren der Freihändigen Vergabe nach § 3 Nr. 4 lit. f VOL/A wählen konnte, insbesondere dass von dem Vorliegen der für diese Vergabeart erforderlichen besonderen Dringlichkeit auszugehen ist. Die Antragstellerin hätte aber in dieses Verfahren einbezogen werden müssen (1.). Überdies hätte der Antragsgegnerin gegenüber der Antragstellerin die Vorabinformation gemäß § 13 VgV oblegen (2.). Die Antragsgegnerin kann sich gegenüber dem Nachprüfungsantrag der Antragstellerin auch nicht auf einen wirksamen Zuschlag zugunsten (allein) der Beigeladenen berufen (3.).

1. Die Antragsgegnerin hätte bei der Freihändigen Vergabe der Interimsleistungen auch die Antragsgegnerin zu einem Angebot auffordern müssen. Gemäß § 7 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A sollen auch bei Freihändiger Vergabe Angebote möglichst im Wettbewerb eingeholt werden. Aus dem vorangegangenen Nachprüfungsverfahren war der Antragsgegnerin das erhebliche Interesse der Antragstellerin an einer Beteiligung an der Schuldner- und Insolvenzberatung bekannt. Diejenigen, die sich an einem vorangegangenen Vergabe- und Nachprüfungsverfahren beteiligt hatten, sind auch an dem Interimsverfahren zu beteiligen (OLG Dresden VergabeR 2008, 567 (571) mit zustimmender Anmerkung von Herrmann; Fett in Willenbruch/Bischoff, Vergaberecht, § 13 VgV Rn. 43 m. w. Nachw.). Eine Beteiligung der Antragstellerin an der Interimsvergabe war auch nicht unmöglich. Die Tatsache, dass die Entscheidung des Senats erst am 07.12.2007 verkündet worden war und bis zum Jahresanfang 2008 eine Lösung im Hinblick auf die Fortsetzung der Schuldner- und Insolvenzberatung gefunden werden musste, sowie die weitere Tatsache, dass die Antragsgegnerin die Eignung der Antragstellerin bisher nicht geprüft hatte, stehen dem nicht entgegen. Die Eignungsprüfung konnte sich, anders als die Antragsgegnerin es in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, auf die Antragstellerin beschränken, die Eignung der Beigeladenen war der Antragsgegnerin aufgrund der bisherigen Zusammenarbeit bekannt. Ein Verstoß gegen Gleichbehandlungsgrundsätze könnte in der Prüfung nur der Eignung der Antragstellerin angesichts der Umstände des Falles nicht gesehen werden. Sowohl der Antragstellerin als auch der Antragsgegnerin war es zuzumuten, innerhalb eines kurzen Zeitraums von nur wenigen Tagen eine entsprechende Eignungsprüfung durchzuführen.

Außerdem kam eine Vergabe der Schuldnerberatungsleistungen an die Antragstellerin von vornherein nur mit einem Bruchteil des Gesamtkontingents in Betracht, so dass zur Sicherstellung der Beratung ab 01.01.2008 bis zur endgültigen Entscheidung an die Beigeladenen entsprechend verminderte Kontingente vorab hätten vergeben werden können.

2. Die Antragsgegnerin hätte die Verträge mit den Beigeladenen über die Interimsleistungen nicht ohne Vorabinformation der Antragstellerin abschließen dürfen. Auch wenn sie die Antragstellerin nicht beteiligt hatte, hatte diese eine bietergleiche Stellung. Dies führt - auch bei der Freihändigen Vergabe - zur Anwendbarkeit des § 13 VgV (vgl. OLG Düsseldorf NZBau 2005, 535; OLG Dresden VergabeR 2008, 567 (569 f.)).

3. Grundsätzlich bewirkt die Zuschlagserteilung ohne die gebotene Vorabinformation, dass der abgeschlossene Vertrag nichtig ist (§ 13 S. 6 VgV). Ob diese Rechtsfolge auch in der hier vorliegenden Konstellation angemessen ist, in der der möglicherweise benachteiligte Bieter von vornherein nur einen (kleinen) Teil des Gesamtauftrags hätte erhalten können, während der übrige Teil auf jeden Fall beanstandungsfrei auf die Bieter, die den Zuschlag bekommen haben, entfallen wäre, erscheint zweifelhaft. Dies kann aber offenblieben, denn wegen der Befristung der streitigen Vergabe bis zum 30.06.2008 hat sich das Nachprüfungsverfahren inzwischen durch Zeitablauf erledigt. Ohnehin wäre die Nichtigkeit des Zuschlags nicht zu tenorieren (vgl. Weyand, Vergaberecht, Rz. 2698). Im Hinblick auf den Sekundärrechtsschutz wegen eines denkbaren Teilkontingentes ist (lediglich) festzustellen, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.

4. Da das Fehlen eines (unvollständigen) Vergabevermerks für die materielle Rechtmäßigkeit einer Vergabeentscheidung ohne Bedeutung ist, konnte der Ausspruch der Vergabekammer, dass die Antragstellerin auch dadurch in ihren Rechten verletzt worden ist, keinen Bestand haben. Ferner war die von der Vergabekammer ausgesprochene Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Neuvergabe nicht aufrecht zu erhalten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO analog. Soweit sich die Antragsgegnerin im Rahmen der sofortigen Beschwerde auch gegen die Kostenentscheidung der Vergabekammer wendet und eine Abänderung der Kostenentscheidung erstrebt, ist dem Begehren der Antragsgegnerin nicht zu entsprechen.

Die Antragsgegnerin hat letztlich das Nachprüfungsverfahren insgesamt verloren, auch wenn die Antragstellerin ihre Anträge in erster Instanz geändert hatte. Nach § 114 Abs. 1 S. 2 GWB ist die Vergabekammer nicht an die Anträge des Antragstellers gebunden, so dass für die Frage des Obsiegens oder Unterliegens nicht allein auf die Fassung bzw. den Erfolg der Anträge als solcher abgestellt werden kann. Der Antragsteller unterliegt dann nicht, wenn festgestellt wird, dass er durch Verstoß gegen eine bieterschützende Norm (hier § 13 VgV) in seinen Rechten verletzt worden ist (so auch Hardrath in Willenbruch/Bischoff § 128 GWB Rn. 22 (Seite 1396)). Die Belastung der Antragsgegnerin mit den gesamten Kosten der ersten Instanz ist auch nicht unangemessen, da die Antragstellerin bei der Bemessung des Streitwertes selbst davon ausgegangen ist, dass nur im Rahmen eines Teilkontingentes eine Beteiligung an der Schuldner- und Insolvenzberatung i




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